30 Jahre nach der Flucht Deckards mit Rachael hat sich einiges geändert. Es gibt neue verbesserte Replikanten, die sind auch nicht mehr verboten, Tyrell pleite, dafür Wallace Industries. K ist ein Replikant und Blade Runner, der ältere Replikanten, die immer noch verboten sind, aufspüren und zur Ruhe schicken soll. Dies macht er emotionslos, jedenfalls solange, bis er eine Spur auf ein Kind einer Replikantin bekommt. Auf der Suche nach diesem und dem Vater (Die Eltern sind klar Deckard und Rachael, Rachael war ja ein besonderes Experiment) kommmen immer mehr Beweise zum Vorschein, dass er selbst dieses Kind ist.
So weit zur Handlung. Und da mach ich gleich ein großen Unterschied zum ersten auf, da war für mich noch eine klare philosophische Fragestellung drin, die ich so auch an älterer Science Fiction immer mochte, die zwar nicht beantwortet wird, aber in ihrem Themenkreis und Fragstellung recht geradeaus war. Hier bekommen wir eher eine religiöse Fragestellung, die dazu verschwommen oder eher ausgefranst daherkommt. Ein Freund meinte, dass ist eher Nolan-like. So gesehen ist Arrival von Villeneuve näher an den alten als dieser hier.
Was die Atmosphäre angeht, bekommt das der neue Film sehr gut hin: Die Stadt hat sich weiterentwickelt, es gibt noch viel mehr Müll (prinzipiell die ganze Umgebung über Meilen von LA ist nur ein großes Mülllager, es wird wieder Natürliches angebaut, das Wetter immer noch eher regnerisch. Auch vom Fanservice gibt es einiges, die alten Produktplacements werden zitiert, dazu kommen lustige neue, es gibt einen hübschen Gastauftritt von Edward James Olmos, Sean Young wird hineinkopiert. Doch der alte Fan wird auch in die Irre geführt, so denkt man bei der Rolle von Sylvia Hoeks direkt an die Rachael – Rolle, und vermutet hier den Love interest (heißt die ja auch noch Luv), aber letztendlich hat sie eine ganz andere Rolle. Die dann leider etwas flach ausfällt. Neu und sehr gut ist das Freundinnen-Hologram, das hier die ganze Bandbreite vom Sein, Alleinsein, Verliebtsein und Enttäuschtsein in Bezug auf K aufmachen kann. Und auch eine Kritik an unser Medien-Konsum-Verhalten beinhaltet. Also: Die mir meist unbekannten Schauspieler machen ihre Sache sehr gut, nur Jared Leto ist irgendwie wie ein Störfaktor, klar sollte er wohl exzentrisch herüberkommen, wenn auch anders als Tyrell im ersten, ist aber eigentlich nur drüber.
Viel wird übrigens in den Gebäuden verhandelt (auch dieser Film ist nicht Actionlastig) und diese sehen oft aus wie in einem Kammerspiel oder in einem guten großen Theater, allein der Raum von Wallace ist da wirklich sehr beeindruckend. Ausstattung, Räume, Stadt, Kamera, alles gut. Und auch die Musik; obwohl man ja bei den Zimmer/Wallfisch-Scores nicht unbedingt von Musik reden kann, das sind ja eher eine Ansammlung von Geräuschen, Störgeräuschen, Soundflächen. Naja, als Freund der etwas anderen Musik könnte man diese Beschreibung wohl auch auf einige Platten in meiner Sammlung sagen. Passt prima, Villeneuve war ja mit dem ersten Soundtrack von seinem Stammkomponisten Johannson unzufrieden. Gab es nicht im Original auch so eine Geschichte mit Vangelis für John Williams?
Insgesamt auch hier also ein Noir mit moderner SciFi gemischt, Harrison Ford spielt eine erstaunliche wichtige Rolle, in Ansätzen philosophisch, mehr jedoch religiös, gute Production Values und interessanter Cast. Richtig guter Film, mit dem sich Villeneuve auf den Spuren Nolans begibt.
Noch eins: Es gibt auch schon ein wenig Längen: Der ganze Rebellions-Subplot ist eigentlich unnötig und wohl nur für einen möglicherweise weiteren Film drin, der wohl bei einem wahrscheinlichen Misserfolg dann nicht kommt. Das so was aus Hollywood kommt, ist schon erstaunlich.